um Joseph Anton Koch

Die Geschichte der Villa Malta

Die Villa Malta

Die Villa Malta

1 . Der Orden der Minimi und die Villa del Pino
2 . Villa Malta – Künstlerrefugium
3 . Die schwedische Epoche
4 . Ludwig I von Bayern
5 . Neuer Glanz unter Leo Bobrinski
6 . Die moderne Geschichte
7. Villa Malta heute – Bildgalerie

1 . Der Orden der Minimi und die Villa del Pino

Schon zu Zeiten von Lucius Licinius Lucullus (um 117 bis 56 v.C.) entstanden auf dem jetzigen Pincio-Hügel schöne Gärten und einzelne Gebäude, jedoch ohne nennenswerte Bedeutung. Heute mitten in Rom, dicht bebaut am Rande des Parks der Villa Borghese, war dieser Hügel damals ein Ort der Erholung, ein grünes, kühles Refugium, in dem man den heissen römischen Sommern entfliehen konnte.

Die Entstehung und die frühe Geschichte der Villa Malta sind mit den Geschicken des benachbarten von Franziskus von Paola (1416-1507) gegründeten Konvents von Trinità dei Monti im engen Zusammenhang zu sehen. Dort lebten die Brüder des „Orden der Minimi des Bruders Franziskus von Paola“, während das benachbarte Areal der späteren Villa Malta dem venezianischen Kardinal Giovanni Michele, genannt S. Angelo, gehörte. Nachdem Giovanni Michele im Auftrag von Cesare Borgia, Sohn des Papstes Alexander VI, vergiftet wurde, nahm ein Neffe des Papstes die Villa in Besitz.

Um ca. 1570 wurden in damaligen Stadtkarten ein Turm, verschiedene Gebäude und eine herausragende Pinie eingezeichnet: Das war die Villa Malta, eine rustikale Anlage mit Weinanbau. Genannt wurde das Landgut damals aufgrund des Pinienbaums „Giardino della pigna“ oder „Villa del pino“.

1571 war Eigentümer der Villa ein gewisser Latino Orsini. Einige Jahre später Pietro Maria Vulcani di Sant’Elpidio, dann Paluzio Mattei.

Am 25.11.1613, nach der Entstehung der Kirche und des Konvents von Trinità dei Monti (heute über der berühmten Spanischen Treppe) erfolgte die Eigentumsübertragung der Villa Malta an den Orden der Minimi. Aus wirtschaftlichen Gründen beschlossen die Franziskaner Mönche die Villa Malta zu verpachten. Es handelt sich bei den Pachtverträgen um sogenannte „enfiteusi“ (italienisch), eine Vermietungsform für landwirtschaftliche Güter, die langfristig oder permanent alle Rechte und Pflichten über Immobilien gewährte, ähnlich dem Erbbaurecht. Obwohl die Mönche schon im Jahr 1828 endgültig den Konvent von Trinità dei Monti verliessen, wurde der erste echte Eigentümerwechsel 1873 an den russischen Grafen Leo Bobrinski vollzogen. Die Villa aber hatte durch die Pächterwechsel verteilt auf mehr als zweihundert Jahre eine spannende und in späteren Zeiten auch deutsch orientierte Geschichte, die wir hier u.a. dank der Recherchen von Giovanni Caprile erzählen können.

Die ersten Pächter bzw. Bewohner der Villa ab 1617 waren: Kardinal Carlo Emanuele Pius, gefolgt von Sebastiano Poggi und Kardinal Ludovisi, sowie für die Dauer von drei Generationen von Kardinal Cosimo Torres. Ein Nachfahre von Cosimo Torres gleichen Namens musste 1702 aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten das Anwesen an die Königin Maria Casimira von Polen untervermieten, die bis zum Jahre 1714 dort ansässig blieb. Anschliessend blieben die Torres in der Villa, ohne jedoch die vereinbarte Pacht bezahlen zu können.

1750 wurde die Villa für drei Generationen an den nächsten Pächter Giovan Battista Couture übergeben, fünf Jahre später wieder für drei Generationen an Gaetano Chiaveri.

2 . Villa Malta, Künstlerrefugium

Wahrscheinlich 1764 (lt. Gregorovius) ging die Villa bis zum Jahr 1810 an Antonio Parmegiani über. Laut Caprini könnte das Pachtverhältnis auch später entstanden sein. Bekannt ist jedenfalls, dass Parmegiani 1774 einen Vermietungsvertrag mit einem hochrangigen Repräsentanten des Malteser Ordens abschloss. Es handelte sich um einen langfristigen Mietvertrag mit Frà Laure Le Tournelier de Bréteuil, Botschafter des Malteser Ordens, der die Villa als Sommerresidenz bis 1777 nutzte. Seit ungefähr diesem Zeitpunkt wurde der Begriff Villa Malta eingeführt. Die Bezeichnung „Giardino di Malta“ erscheint erstmalig 1780 in einem Gemeinderegister der Kirche Sant’Andrea della Fratte.

1781 bis 1788 wurde die Villa von Kardinal Pasquale Acquavita di Aragona bewohnt.

Parallel zu diesen Pachtverträgen fingen schon 1741 (Ankunft Anton Raphael Mengs in Rom) einige deutsche Künstler an, die Villa Malta zu bewohnen.

Kardinal Acquaviva di Aragona erlaubte Angelika Kaufmann, im Garten der Villa zu malen. Dort wurde sie oft in den Jahren 1787 bis 1789 von Johann Wolfgang von Goethe besucht. Der Garten bot eine wundervolle Aussicht auf Rom und war für Künstler eine beliebte Oase der Ruhe und der Inspiration. Goethe, der sich mit Botanik beschäftigte, soll eine Dattelpalme im Garten der Villa Malta gepflanzt und sich noch Jahre danach über das Wohlbefinden des Baums bei seinen römischen Freunden erkundigt haben.

1789 mietete die Gräfin Amalia von Sachsen-Weimar die Villa, trat aber im gleichen Jahr vom Vertrag zurück, als sie von geheimen Treffen von Freimauerer Logen in der Villa unterrichtet wurde.

In der Tat hielt der berühmt berüchtigte Giuseppe Balsamo, Graf von Cagliostro, seit Mai 1789 in Rom einige geheime Versammlungen in der Villa Malta ab. Er wurde später aufgrund seiner Beziehungen zu den französischen Revolutionären am 27.12.1789 festgenommen und nach einer umgewandelten Todesstrafe zur lebenslangen Haft verurteilt.

1789 hielt sich Johann Gottfried Herder, Gast von Amalia von Sachsen-Weimar, vom 20. Februar bis zum 15. Mai in der Villa auf.

Nach dem turbulenten Jahr 1789 kehrte wieder Ruhe in die Villa Malta ein.

1794 mietete Prinz Friedrich August von Hannover die Villa für die Dauer von zwei Jahren. Um ihn versammelten sich überwiegend deutsche Intellektuelle, wie z.B. Karl-Ludwig Fernow, Asmus Jakob Carstens, Johanna Schoppenhauer. Es war der erste Kern des „Deutschen Kulturkreises“, der später in die Via del Seminario zog und bis 1915 weiter existierte.

Ab Herbst 1802 wohnten in der Villa die Schriftstellerin Friederike Brun mit ihrer Tochter, Ida von Bombelles. Zu ihren Gästen zählten hochrangige Persönlichkeiten wie Berthel Thorvaldsen, Charles Viktor Bonstetten (Philosoph), Heinrich Keller (Bildhauer und Schriftsteller), Georg Zoëga (Dänischer Archäologe).

Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt traf der neue preussische Botschafter Wilhelm von Humboldt in Rom ein. Angeregt durch seinen Vorgänger, Johann Daniel Wilhelm von Uhden, wiederum mit Thorvaldsen (wohnhaft in der Villa Malta seit 1797) befreundet, nahm er am 25. November 1802 seine Residenz in der Villa Malta. Auch seine Frau, Caroline von Humboldt, unterhielt fortan künstlerische Salons. Neben den Gästen von Friederike Brun finden wir bei den Humboldts auch Luciano Bonaparte, Angelika Kaufmann, Joseph Anton Koch, Vincenzo Camuccini, Johann Christian Reinhart, Friedrich Wilhelm Schadow, sowie den Hauslehrer und künftigen Archäologen Ernst Welker.

Schon Anfang 1803 zog die Familie Humboldt jedoch in die Via Gregoriana um.

Die Villa Malta blieb in dieser Zeit ein Zentrum des Lebens von deutschen Künstlern, speziell der Nazarener, die im benachbarten Konvent von San Isidoro in der noch heute so genannten „Via degli Artisti“ wohnten. Der Sekretär der bayerischen Botschaft von Widder zog nach Humboldt in die Villa ein. In den Jahren 1804/1805 waren einige deutsche Künstler zu Gast bei seiner Frau. Im Jahre 1805 kam Bildhauer Johann Martin Wagner und blieb mit einer kurzen Unterbrechung bis zu seinem Tod 1858 in der Villa Malta. Wagner war die „gute Seele“ der Villa und kümmerte sich um deren Verwaltung, später im Auftrag von Ludwig I. von Bayern. Während der Abwesenheit Wagners benutzte 1837 der Münchner Bildhauer Max von Widnmann (1812-1895) dessen Atelier in der Villa Malta. Darüber berichtete Sigmund Freiherr von Pölnitz (Zeitzeugen)

Aber zurück zu den Nazarenern: 1809 formte sich in Wien diese Gruppe deutscher Künstler, die sich zum „Lukasbund“ zusammenschlossen. 1810 zogen sie nach Rom und lebten wie Mönche im Kloster San Isidoro. Sie gingen nach Rom, um in künstlerischer Freiheit ihr Ideal einer religiösen und ethisch geprägten romantischen Malerei realisieren zu können. Der „Lukasbund“ hielt regelmässige kulturelle Versammlungen in der Villa Malta ab. Besonders Friedrich Wilhelm Schadow, Ludwig Vogel und Joseph Anton Koch (Mentor und Vorbild, jedoch selbst kein Nazarener) waren oft in der Villa zu Besuch.

Im Hintergrund umtriebigen Lebens in der Villa Malta fanden 1810 bis 1818 Pachtveränderungen statt. 1810 verkaufte Barbara Parmegiani ihre Rechte als Pächterin der Villa an Graf Domenico Torre Magno Mantica, der diese Rechte 1816 an Giuseppe Celani abgab.

3 . Die schwedische Epoche

1818 verkauft Romano Celani sämtliche Rechte an der Nutzung der Anlage dem Schwedischen Bildhauer Johann Niklas Byström, Kollege von Thorvaldsen weiter. Byström untervermietet weiterhin Räume in der Villa, so wohnten dort nach wie vor Martin Johann Wagner, Franz und Johannes Christian von Riepenhausen und Joseph Rebell. Dazu kam bis zum Jahr 1826 Baron Ludwig Wilhelm von Reden, Botschafter von Hannover, bei dem Louise Seidler oft zu Besuch war und in dem Garten malte.

Am 13. Februar 1825 erwarb Byström unbefristete Rechte an der Villa. Von diesem Zeitpunkt an verwandelte sich die Villa zum Hauptquartier schwedischer Künstler in Rom. Unter den Gästen finden wir bekannte Namen wie Daniel Atterbom (Literat und Poet) Hjalmar Mörner (Radierer und Maler), Bernard August von Beskov (Poet, Historiker und Politiker), Olaf Johann Södermark (Portrait-Maler), August Nicander (Poet).

4 . Ludwig I von Bayern

Dank der engagierten Mitarbeit von Johann Martin Wagner konnte 1827 Ludwig I. von Bayern die Villa von Byström übernehmen, der sich endgültig verabschiedete. So gehörte sie wieder den deutschen intellektuellen Kreisen. Denn Ludwig stellte keine Ansprüche für sich und wollte die Villa nicht für Empfänge ausschmücken. Die Villa sollte so blieben, wie sie war, ein heruntergekommenes Konglomerat an Wohnungen und Ateliers für „seine“ Künstler, die er zum Teil auch in München förderte. Um Ludwig versammelten sich speziell Overbeck, Reinhart, Schadow, Cornelius, Richl und Thorvaldsen. Die Künstler Johann Christian Reinhart und Johann Georg von Dillis erstellten im Auftrag Ludwigs Ansichten von Rom aus der Villa Malta, die sich in der Neuen Pinakothek in München befinden.

Nach dem Tod von Johann Martin Wagner 1858 ging die Verwaltung der Villa unter König Maximilian II. († 1864) von Bayern an den Bildhauer Peter Schöpf über. Der frühere König Ludwig besuchte die Villa zum letzten Mal vom 7. November 1866 bis 1. Mai 1867, bevor auch er nach seinem Sohn Maximilian 1868 starb.

Die Gebäude der Villa Malta wurden vermietet. Eine Zeitlang wohnte in der Villa der Bayerische Sondergesandte Graf Taufkirchen-Guttenburg. Nach und nach verliessen die Künstler ihre Wohnungen und Ateliers sowie den schönen Garten, in dem die von Goethe und Ludwig I. gepflanzten Palmen – wahrscheinlich bis heute – weiter gewachsen sind.

5 . Neuer Glanz der Villa Malta unter Graf Leo Bobrinski

Nachdem das bayerische Königshaus beschloss, sich von der Villa Malta zu trennen, kaufte der Russische Graf Leo Bobrinski am 19. Juni 1873 das gesamte Anwesen. Dies war – wie bereits erwähnt – die erste wirkliche Eigentumsübertragung seit dem Jahr 1613! Auch Verwalter Schöpf musste die Villa verlassen.

Die Villa wurde von Bobrinski renoviert und herrschaftlich ausgestattet. Der Turm wurde ebenfalls umstrukturiert und verschönert. Die Villa Malta wurde aufgrund der neuen Gartengestaltung „Villa delle rose“ genannt.

Die Familie Bobrinski blieb lange in Rom. Doch nach den politischen Ereignissen in Russland anfangs des 20. Jahrhunderts mussten die Erben Bobrinskis die Villa 1907 verkaufen – und sie landete wieder in deutschen Händen!

6 . Die moderne Geschichte der Villa Malta

Neuer Eigentümer war Prinz Bernhard Heinrich Karl von Bülow, früherer Reichskanzler und zweimaliger deutscher Botschafter in Italien. Es war seine Frau, Laura Minghetti, Tochter des Ministers Marco Minghetti, die sich diesen Wunsch hatte erfüllen wollen.

Nachdem Italien 1915 gegen Deutschland in den Krieg zog, musste Bülow Italien verlassen. Er kam nach Ende des Kriegs zurück und blieb bis zu seinem Tode am 28.10.1929.

1929 ging das Eigentum an den römischen Geschäftsmann Gioacchino Mecheri über. Die Villa wurde aber nicht bewohnt, sondern nur für gelegentliche Veranstaltungen genutzt.

Seit dem 8.12.1949 gehört die Villa Malta der Jesuitischen Zeitschrift „La Civiltà Cattolica“. Die repräsentativen Räume wurden kaum verändert und werden als Konferenz- und Gebetsräume genutzt. Einige Trakte wurden den anspruchslosen Lebensbedürfnissen der jesuitischen Redakteure angepasst.

So hat die schöne Villa Malta wohl ihre Bestimmung gefunden. Würde der heilige Franziskus von Paola, Gründer des Konvents von Trinità dei Monti und des Ordens der Minimi, in die Geschichte der Villa zurückblicken, so wäre er sicherlich zufrieden. Denn durch sein Wirken ist ein Ort des öffentlichen Lebens, der Kunst und Kultur und nun auch des Gebets entstanden. In der Villa Malta sind Kunstwerke geschaffen, ist Geschichte geschrieben worden. Heute wie damals ist die Villa ein Ort der Besinnung und des kulturellen Austausches, eine Oase im hektischen Rom des 21. Jahrhunderts.

7. Bildgalerie – Villa Malta heute © Peter Amann


[Barbara Koch Rachinger]
Quellenangaben Literatur zur Villa Malta:
Giovanni Caprile S.I., Villa Malta – Dall’antica Roma a „Civiltà Cattolica”, La Civiltà Cattolica, 1999
Ferdinand Gregorovius, Wanderjahre in Italien, München 1997
Sigmund Freiherr von Pölnitz, Max von Widmann – Das Leben eines Künstlers unter Ludwig I.